Rosenberg

Rožmberk nad Vltavou

Nähert man sich dem Städtchen Rosenberg, sei es auf der Straße oder sei es historisch, so ist es angebracht, diese Annäherung mit einigen Sätzen aus der Zeit der Romantik einzuleiten:

rosen1„In zwei Stunden zu Fuß legt man den Fahrweg von Hohenfurt nach Rosenberg zurück. Da das Gemüth erfüllt ist von der Geschichte der gewaltigen Rosenberge, so zittert man vor Ungeduld, ihre Wiege zu erblicken, ihren Aufenthalt, bis sie ihren Sitz nach Krumau übertrugen. Allein wie die Perlen, die man bei Rosenberg im Moldauflusse findet, von der Muschelschale, so ist Rosenberg von einer Wald- und Bergschale umschlossen, selbst eine Perle. Plötzlich steht man still, wie von einem Zauberschlage getroffen; das ersehnte Rosenberg liegt vor den überraschten Blicken. Herrlich windet sich unten im smargdnem Thale die junge Moldau dahin, mit ihrem Bogen einen stolzen Bergvorsprung umspannend. Am linken Ufer breitet sich das alterthümliche Städtchen Rosenberg aus mit etwa 190 Häusern und 1250 Einwohnern. Eine Brücke führt auf das rechte Ufer in die Vorstadt Latron. Aus ihr zieht sich der Weg hinan zur mächtigen Burg, die den ganzen Bergvorsprung einnimmt, und wo der freistehende runde, mit einzelnen Fichten bewachsene Jakobinerthurm von imposanter Höhe das Auge besonders fesselt. Man steht wie gebannt, versunken in den malerischen Anblick voll echter Romantik.1
Vergleicht man historische und aktuelle Beschreibungen der Burg und des Ortes Rosenberg, so ist eine genaue Datierung ihrer Gründung nicht möglich. Man muss sich mit „Mitte des 13. Jahrhunderts“, oder mit „nach 1225“, oder mit „höchstwahrscheinlich 1230-1253“ begnügen. Podhola nennt das Jahr 1246.2 Als erstmalige urkundliche Erwähnung der Burg im Besitz des Wok von Rosenberg wird das Jahr 1250 angesehen.

Erbauung der Burg

Um diese Zeit ließ Wok I. von Rosenberg die so genannte „Obere Burg“ erbauen. Der runde, schlanke Wehrturm, auch Jakobinerturm, Jakobinka, genannt, blieb erhalten, die übrige Anlage fiel 1522 einem Feuer zum Opfer. Die „Untere Burg“ wird 1262 erwähnt und von Peter I. von Rosenberg 1330-1340 erweitert. Auch in den nächsten Jahrhunderten kommt es zu zahlreichen Um- und Zubauten. Vor allem als die Burgen ihre militärische Bedeutung verloren, wird auch Rosenberg für Wohn- und Repräsentationszwecke ausgebaut. Nach dem Einfluss der Renaissance folgten im 19. Jahrhundert neugotische Elemente und auch die Innenräume erfahren eine romantische Ausgestaltung. Diese Räume sind sehenswert, die Sammlungen an Waffen, Porzellan, Bildern beachtlich. Erwähnenswert auch die Kreuzfahrergalerie, der Rosenberger Saal, die Waffenkammer und weitere Räumlichkeiten sind wert, besichtigt zu werden. Allerdings kam es nach 1945 zu wesentlichen Veränderungen. Manche Ausstellungsstücke waren nie im Besitze der Grafen Buquoy, andere sind verschwunden. In der Nacht vom 3. auf 4. Mai 1945 kam ein Vortrupp der 3. Amerikanischen Panzerarmee des Generals Patton nach Rosenberg. Das Schloss diente als Unterkunft. Den Amerikanern folgten tschechische Revolutionsgarden, die im Volksmund auch „Goldgräber“ genannt wurden. Als die reguläre tschechoslowakische Verwaltung einzog, war vieles verloren, manches zerstört.3

Besitz und Pfand Wie schon erwähnt, war die Burg zunächst im Besitz der Rosenberger, sie wird auch als die Wiege der Linie der Wittigonen angesehen.4 Als 1302 die die Krumauer Linie der Wittigonen mit „Wok von Krumau“ ausstarb, gelang es „Heinrich von Rosenberg“ (+ 1310), Sohn des „Wok von Rosenberg“ (+1262) die Zustimmung von König Wenzel II. für die Übernahme des frei gewordenen Besitzes zu erhalten.5 Nach der damaligen Rechtslage wäre er an das Herrscherhaus gefallen. Heinrich verlegt den Hauptsitz nach Krumau, behielt aber „von Rosenberg“ bei. Die Burg Rosenberg verlor an Bedeutung, musste aber in der Folge wiederholt als Pfand eingesetzt werden, manche andere Güter, wie etwa Haslach in Oberösterreich, mussten verkauft werden. So wurden auch Burg und Ort 1420 an Reinprecht von Wallsee verpfändet (bis 1456), darnach diente sie als Pfand auf die Mitgift der Agnes von Schaunburg, die mit Ulrich, Sohn des Heinrich von Rosenberg, verheiratet war. Dieser starb 1457. Agnes heiratete darauf Michael, Graf von Hardegg, starb jedoch kinderlos. Ihr Besitz sollte daher an den König Georg von Podiebrad (1458-71) fallen, der jedoch zu Gunsten der Rosenberger verzichtete. Nach einigen Jahren verpfändeten die Rosenberger neuerlich diesen Besitz an Popel von Lobkowitz. Im Laufe einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Johannes von Rosenberg und dem König und nach einer Belagerung und Einnahme der Burg kam sie 1469 wieder in den Besitz der Rosenberger.

Der letzte Rosenberger, Peter Wok (1539-1611), der nach dem Tod seines Bruders Wilhelm (1592) die Herrschaft übernommen hatte, übergab sie 1597 Johannes von Zrinyi, Sohn seiner Schwester Eva aus erster Ehe mit Nikolaus Zrinyi. Peter Wok starb am 6. November 1611, Johannes Zrinyi am 24. Februar 1612 ohne Nachkommenschaft. Auf Grund eines Vorbehaltes im Testament des Peter Wok aus dem Jahre 1610 fiel Rosenberg an die Schwanbergs.6/7 / Peter von Schwanberg war einer der Anführer im Ständeaufstand gegen Kaiser Ferdinand II. Der kaiserliche General Karl Bonaventura Longueval Graf Buquoy belagerte und eroberte die Burg 1619. Am 6. Februar 1620 erhielt er durch kaiserliche Anordnung Rosenberg, Gratzen und weitere eingezogenen Besitzungen der Schwanbergs in das Eigentum übertragen. Die Schlacht am Weißen Berg bei Prag fand am 8. November 1620 statt. Zum Sieg der Kaiserlichen trug Karl Bonaventura wesentlich bei, „Buquoi, der ungeachtet seiner Wunde zu Pferde saß, schickte denen frische Reiter zu Hilfe, die von dem jungen Anhalt waren zum Weichen gebracht worden“ 8 Ein Jahr später, am 10. Juli 1621, stirbt er, aus 13 Wunden blutend, bei der Belagerung von Neuhäusels (Ungarn/Slowakei).

Die Burg bleibt bis 1945 im Eigentum der Buquois. In diesem Jahr wurden auch sie enteignet, die Burg wurde staatlicher Besitz. Der letzte Eigentümer war Karl Georg von Longueval Graf von Buchoy. Ihm hat sein Forstmeister eine Beschreibung der „Burg Rosenberg“ im Jahre 1924, Neuauflage 1939, “ dem edlen Menschenfreunde und hochherzigen Wohltäter in Verehrung und Dankbarkeit“ gewidmet.
Karl Georg, Graf von Buquoy und sein Sohn Ferdinand wurden 1945 zunächst von der sowjetischen Armee in Gratzen inhaftiert, jedoch konnte kein Verschulden festgestellt werden. Sie wurden der tschechischen Verwaltung übergeben und sie mussten sich schließlich vor dem Kreisgericht Budweis verantworten. Beide wurden frei gesprochen, Ferdinand wurde nach Deutschland abgeschoben, Karl Georg jedoch aus politischen Gründen zurückbehalten. Am 15.5.1948 wurde er von einem Volkgerichtshof wegen „Germanisierung des Böhmerwaldes“ zu 13 Jahren Haft verurteilt. Er starb im Mai 1948 in einem Brünner Krankenhaus, als Todesursache wurde Lungenentzündung angegeben. Der Ort seiner Beisetzung ist unbekannt. Seine Familie errichtete für ihn in Bad Wiessee, Bayern, ein Kreuz, das seinen Namen trägt. Sein Sohn Ferdinand wurde vertrieben und starb 1986 in Oberbayern .9

Der Ort

Die Burganlage ist am rechten Moldauufer gelegen, über eine steinerne Brücke gelangt man auf das andere Ufer zum dreieckigen Marktplatz.

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Im Jahre 1635 (oder 1636) wurde der Ort von einer verheerenden Feuersbrunst heimgesucht, der auch alte Schriften und Urkunden im Rathaus zum Opfer fielen.10 Einige Häuser haben bis heute ihre Renaissancefassaden und barocken Giebel erhalten, wenn auch die eine oder andere Baulücke auffällt. Nach 1945 wurden die allmählich zu Ruinen gewordenen Häuser abgerissen.

Hundert Jahre nach der ersten urkundlichen Erwähnung der Unteren Burg (1262) erhält der Ort 1362 den Status eines Untertanenstädtchens. Beherrschend ist die auf älteren Grundmauern nach 1300 erbaute St. Nikolauskirche, die auch „Marienkirche“ genannt wird. Sie erinnert nicht nur an den kaiserliche General Karl Bonaventura Longueval Graf Buquoy, der, zunächst in der Minoritenkirche in Wien beigesetzt, 1623 nach Rosenberg überführt und an unbekannter Stelle in der Kirche seine letzte Ruhe fand, sondern auch daran, dass die Rosenberger eine eigene Bauhütte unterhielten. Die Kirche überrascht durch ein herrliches Netzrippengewölbe und erinnert an die gleichen Netzrippen in der Kirche zu Haslach in Oberösterreich.11 Die Rippen sind kielbogen- und fischblasenförmig angeordnet, für das Jahr 1488 fortschrittlich, vom Stil her gesehen, ein Menschenalter später anzusetzen.12 Leider ist die Kirche fast nur versperrt anzutreffen.

rosen4Interessant sind auch die beiden jüdischen Friedhöfe von Rosenberg. Der „neue“ liegt etwa einen Kilometer nach dem Ort in Richtung Krumau im Bereiche einer Linkskurve. Er wurde um1870 angelegt. Ab 1999 pflegt ein Linzer Verein „Wider das Vergessen“ den Friedhof, der in kommunistischer Zeit dem Verfall preisgegeben war. Die Umfriedungsmauer, die teilweise schon eingestürzt war, ist saniert, ebenso mehrere Gräber. So viele deutsche Grabinschriften wie hier, sind im Böhmerwald selten anzutreffen.
Die Anfänge der jüdischen Gemeinde gehen auf die Zeit um 1250 zurück. In der „Latron“, am rechten Moldauufer gab es ein Bethaus (Tempel) und ein Badhaus. Noch 1946 bestanden diese Gebäude im ursprünglichen Zustand. In den Sechzigerjahren wurden sie gesprengt und eingeebnet.13
Der alte Friedhof ist vom Ortszentrum in westlicher Richtung über einen leicht ansteigenden Weg nach etwa 250m zu erreichen. Er liegt in einem privaten Obstgarten, von einer Steinmauer eingegrenzt. Einige alte, würdige Grabsteine erinnern an vergangene Jahrhunderte.

Die Bewohner

Je weiter man in der Geschichte zurückgehen möchte, um die Entwicklung der Bevölkerung eines Ortes oder Landes zu erkunden, umso problematischer werden Zahlenangaben, die oft nur Schätzungen sein können, insbesondere wenn man versucht, auch noch die Volkszugehörigkeit zahlenmäßig festzustellen. Die Kriterien der Zuordnung nach Umgangssprache, Muttersprache oder Nationalität haben in den letzten beiden Jahrhunderten immer wieder zu Problemen geführt, wenn auch die Volkszählungen in der Monarchie (1880-1910) so aussagekräftig waren, dass sie zur Begründung der tschechoslowakischen Republik herangezogen wurden.14 Sommer 15 gibt in seiner Beschreibung Böhmens die „Volksmenge“ für die gesamte Herrschaft Rosenberg mit „Einschluß der Schutzstadt Rosenberg“ 10.310 Seelen an, „worunter sich 4 Israeliten-Familien befinden. Es wird überall nur Teutsch gesprochen“.
Im Jahre 1850 hatte der Ort 1943 Einwohner
1930 : 973, davon 873 Deutsche
1991 : 213 Einwohner. 16

O. Hanke

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1Josef Wenzig, Johann Krejci, „Der Böhmerwald“, Carl Bellmann`s Verlag, Prag 1860, S. 294.
2Dazu: Hugo Rokyta, „Die böhmischen Länder“ Verlag St. Peter, Salzburg, 1970, S. 192, weiters
Joachim Bahlcke, Winfried Eberhard, Miloslav Polivka, Hrsg. „Böhmen und Mähren – Historische Stätten“ 1998, Alfred Kröner Verlag, Stuttgart, S.524, ebenso
Roman Podhola, „Ausflüge in der Umgebung von ces. Krumlov“, 2. Auflage, 2005, Hrsg.: OS TAM-TAM, Budweis, S. 160, sowie
Jir Kuthan, „Rožemberk“ Bezirkszentrum für staatliche Denkmalpflege und Naturschutz, Ceske Budjovice, 1987, S. 1 (Heft ohne Seitenzahlen). Dazu auch Fußnote 3, S.12:
3Eduard Bažant-Jan N.Berwid-Buquoy, „Schloss Rosenberg“, BI-HI Verlag Berlin, 1987, S.41 ff.
4Rokyta, a.a.O.
5Th.Gallistl, „Heimatkunde des politischen Bezirkes Krummau“, Verlag Josef Wiltschko, Krummau, 1903, S. 160.
6Jir Kuthan, a.a.O.
7Zu Rosenberger auch: Deutscher Böhmerwaldbund (Hg.), „Die Stadt Krummau an der Moldau“, Verlag „Hoam“, Waldkirchen, 1992, S. 68-83, 542.
8Johnn Mehler, „Geschichte Böhmens“, Dritter Theil, Verleger Johann Diesbach, 1807, S.180.
9Eduard Bažant-Jan N.Berwid-Buquoy, a.a.O. S.7, 44, 81.
10 Johann Gottfried Sommer, „Das Königreich Böhmen“, Neunter Band, Budweiser Lreis, Verlag der Buchhandlung Friedrich Ehrlich, Prag, 1841, S. 161.
11Johanna Baronin Herzogenberg, „Zwischen Donau und Moldau“, Prestel-Verlag, München, 1973, S. 275.
12Dehio, „Oberdonau“, 1941, S.158.
13Josef Wiltschko, „Der Judenfriedhof in Rosenberg“, im Eigenverlag erschienen, in der Bibliothek des Verbandes der Böhmerwäldler in OÖ. Einzusehen. Erstellung von Kopien möglich.
14Alfred Bohmann, „Menschen und Grenzen, Bd.4: Bevölkerung und Nationalitäten in der Tschechoslowakei“, Verlag Wissenschaft und Politik, Köln, 1975, S. 95.
15Johann Gottfried Sommer, a.a.O. S. 157
16Joachim Bahlcke, Winfried Eberhard, Miloslav Polivka, Hrsg., a.a.O. S. 525.