Hohenfurth

Vyšší Brod

Viele Besucher von Hohenfurth / Vyšší Brod werden den Weg in Richtung Böhmen, sofern sie aus südlicher Richtung anreisen, zunächst über die Landeshauptstadt Linz nehmen. Möchte man die überlastete Bundesstraße über Freistadt vermeiden, so fährt man kurz nach dem Linzer Stadtgebiet in den „Haselgraben“ ein, der in Richtung Kirchschlag (häufiger Erholungsaufenthalt Adalbert Stifters) und Hellmonsödt (Pfarrkirche mit Gruftkapelle der Starhemberger) von etwa 263m Seehöhe auf 894 und 824 m ansteigt. Durch den Haselgraben führte ein wichtiger Fernhandelsweg von Linz nach Südböhmen.

Schon wenige Kilometer nach Linz sind linker Hand die Burgruine und das Schloss Wildberg zu sehen, einst bedeutsam zur Sicherung des Weges. Hier erhält der Reisende den ersten Kontakt zur gemeinsamen Geschichte Böhmens und Deutschlands. Im Bergfried der Burg wurde 1394 König Wenzel IV, Sohn Kaiser Karl IV. (1346-1378), gefangen gehalten. Er war König von Böhmen und Deutschland. Es waren die mächtigen Herren der Rosenberger, die den König in den Arrest der nicht minder mächtigen Starhemberger gebracht hatten.

Hier sei eine alte Schilderung dieser Episode eingefügt:

„Die Gefangennehmung Wenzels geschah am 8. May an einem Freytag in dem Speisesaal der Minoriten zu Beraun, dahin er in Begleitung seines Vetters, Markgrafen Jobst, der mit den böhmischen Herren, so wie mit Sigmund, Wenzels Bruder, verstanden war, gekommen war. Dieser Vorfall mußte auf die Gemüther nach Verschiedenheit der Gesinnungen auch verschieden wirken. Die böhmischen Barone, an deren Spitze Markgraf Jobst war, wollten sich indessen der Frucht dieses kühnen Schrittes versichern, und verbanden sich in dieser Absicht mit den drey prager Städten zu wechselseitigem Beistande. Ja sie hatten die Dreustigkeit, die Bestätigung dieses Bundes, so wie die Ernennung des Markgrafen Jobst zu Starosten (Landeshauptmann) des Königreiches, mit Einräumung aller nöthigen Gewalt, von dem gefangenen König zu begheren, um, wie sie sagten, jene Ruhe, nach der jedermann seufzte, und um die Wenzel so wenig besorgt war, wieder im Königreiche herzustellen. Der gefangene König willigte in alles, und ernannte noch dazu seinen Vetter, den Markgrafen, zum Landvogt in Elsaß mit allen Gerechtsamen, mit denen einst sein Oheim, Herzog Wenzel zu Lützelburg, diese Würde bekleidet hatte. Hierauf verbanden sich Markgraf Jobst und die Reichsbarone, so wie die prager Städte, an die Herstellung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit sogleich Hand anzulegen; wobei einem jeden Unterthan der Krone Schutz und Handhabung seiner Freyheiten und Rechte feyerlich versprochen ward. Die Schrift der Städte ist vom 4ten, jene des Markgrafen und der Barone aber vom 5. des Brachmonates, an welchem Tage auch der König eine besondere Bestätigung darüber ausgefertigt hat. Mit ganz anderen Augen sahen die Gefangennemung des Königs sein Bruder, Herzog Johann von Görlitz, Markgraf Prokop, verschiedene Reichsfürsten und die schlesischen Reichsfürsten an. Die letzteren ließen es sich indessen dabei bewenden, daß sie sich in einer eigenen Zusammenkunft zu Breslau unter einander zur Abtreibung jeder Gewalt auf das engste verbanden, und dieses Bündniß in einer öffentlichen Schrift bekannt machten; wodurch sie allen Irrungen, in die sie wegen der bestehenden Verbindung mit der Krone verwickelt werden könnten, vorzubeugen trachteten. Herzog Johann und Merkgraf Prokop gingen aber thätiger zu Werke. Auf die erste Nachricht von der Gefangenschaft des Königs sammelten sie ihr Kriegsvolk, und eilten damit nach Prag, um Wenzeln mit bewaffneter Hand wieder in Freyheit zu setzen. Indessen hatten Markgraf Jobst und die Reichsbaronen, da sie außer Stand zu seyn glaubten, Gewalt mit Gewalt abzutreiben, Prag bereits verlassen, und auch schon den gefangenen König erst auf Schloß Pržibnitz, und dann nach Krumau bringen lassen, und Heinrichen von Rosenberg in Verwahrung gegeben. Um sich seiner aber noch mehr zu versichern, schafften sie den König außer Landes. Sie verabredeten sich mit den österreichischen Herrn Kaspar und Gundacker von Starhemberg, welche Wenzeln auf ihrem Schlosse Wiltberg nächst Horn, einem passauer Lehn, weiter verwahrten. Herzog Johann traf ihn also nicht mehr in Prag an. Indessen stieg den prager Städten der Zweifel auf, ob die Gefangenschaft des Königs, anstatt die Ruhe herzustellen, nicht vielmehr neue Zerrüttungen im böhmischen Reiche verursachen dürfte; besonders wenn er in derselben sein Leben endigen sollte. Sie wandten sich in dieser Verlegenheit an den Herzog Johann, der ihnen in einer Schrift vom 29. des Brachmonats Schutz und Handhabung ihrer Freyheiten, auch auf den Fall, wenn sein Bruder stürbe, nicht minder seinen besonderen Beistand wider alle diejenigen versprach, die sie darum, will sie ihre Zuflucht zu ihm genommen hätten, anfechten sollten. Herzog Johann, in dem die brüderliche Stimme der Natur zu laut sprach, blieb, einverstanden mit Markgraf Prokopen, bei seinem Entschlusse, für die Befreyung König Wenzels das äußerste zu thun. Da es ihm aber am Gelde mangelte, ließ er das Grab des heiligen Wenzels abbrechen, um von den Kleinodien desselben die Kosten der Unternehmung zu bestreiten; wodurch er freylich ganz Prag wieder sich aufbrachte. Da ihm der Aufenthalt des Königs nicht bekannt war, sondern er nur so viel wusste, daß derselbe Heinrichen von Rosenberg übergeben worden sey, so zog er in die Gegend von Budweis, um Rosenbergen durch die Verheerung seiner herumliegenden Güter zu zwingen, den König herauszugeben…. Dieses (gemeint ist die Parteinahme der Reichsfürsten des deutschen Reiches für den König) und die Verheerung der rosenbergischen Güter bewog die Böhmen, dem König gegen gewisse Bedingungen, wieder die Freyheit zu geben….. Am 5. August war König Wenzel schon wieder bey seinem Retter Herzog Johann in Prag, wo er alle Kleinodien wieder in das Grab des heiligen Wenzels bringen ließ.1

Sechs Jahre später wurde König Wenzel von den Kurfürsten wegen seiner schwächlichen Tatenlosigkeit als deutscher König abgesetzt. In Böhmen behielt er die Königswürde bis 1419. Mitten in den hussitischen Wirren starb er am 16. August 1419 auf Schloss Kundraditz. Die Spuren der Rosenberger finden sich in Hohenfurth und im ganzen südböhmischen Raum.

Nach kurzer Weiterfahrt erreicht man Bad Leonfelden. Die Grenznähe zu Böhmen hat der Ort einst auch durch Hussiteneinfälle zu spüren bekommen.2 Ältere Bewohner der Gegend erzählen, dass die Orte Leonfelden und Hohenfurth in der Monarchie, aber auch noch in der Zwischenkriegszeit, in einem Wettstreit gestanden seien, welcher Ort der schönere und gepflegter sei. Wer den Weg nach Hohenfurth vor 1990 öfters genommen hat, wird die damalige graue Trostlosigkeit dieses Ortes auch heute noch in Erinnerung haben.

Die österreichisch-tschechische Grenze kann nach dem Beitritt der Tschechischen Republik zur EU, 2004, und nach der Abschaffung der Grenzkontrollen im Dezember 2007 ohne Formalitäten überquert werden. Der erste Weiler nahe der Grenze ist Studanky, einst hieß er „Kaltenbrunn“. Schon hier fährt man an zahlreichen Marktständen vorbei, die meist von aus Vietnam stammenden Händlern betrieben werden. Auch diverse „Erotik-Clubs“ haben sich hier angesiedelt. Ähnlich die Einfahrt in die Stadt Hohenfurth: Marktstände mit Billigware. Bevor man zum Kloster weiterfährt, lohnt sich ein kurzer Besuch des südöstlich des oberen Marktplatzes gelegenen Friedhofes. Es sind keine prachtvollen Grabmäler zu sehen, jedoch viele nach 1945 errichtete Grabsteine mit deutschen und zweisprachigen Inschriften. Im Böhmerwald ein eher seltenes Zeichen der Toleranz, ein kleines Zeichen einer kleinen Minderheit.

In der Nähe lädt die Gastwirtschaft „Šumava“ ein, manche ältere Besucher werden das Haus noch als „Hotel Böhmerwald“, geführt von Anton Pichert, in Erinnerung haben

An der Oberseite des Marktplatzes liegt die 1260-1270 erbaute Pfarrkirche St. Bartholomäus, die 1422 von den Hussiten zerstört und erst im 16. und 17. Jahrhundert erneuert wurde. Der Altarraum stammt vom Gründungsbau nach 1260.

Ähnlich wie Wildberg im nahen Oberösterreich hatte Hohenfurth zunächst die Funktion, den vorbeiführenden Handelsweg zu sichern. So dürfte es hier schon vor 1250 eine „Wachsiedlung“ gegeben haben.3 Für das Jahr 1259 wird die Gründung des Klosters durch Peter Wok von Rosenberg überliefert. Bei einer Überquerung der Moldau drohte er unterzugehen, als Dank für seine Rettung habe er das Kloster gestiftet. Nicht uninteressant ist, dass vier Jahre später (1263), P?emysl Otakar II. etwa 6 km nordöstlich von Krumau das Kloster Goldenkron, Zlatá Koruna, offenbar als Begrenzung des Machtgebietes der Rosenberger gedacht, gegründet hat. Diesem Zweck dürfte auch die Gründung der Stadt Budweis um 1263 gedient haben. Beide Klöster sind Zisterzienserklöster. Während Otakar die Mönche vom Kloster Heiligenkreuz aus Niederösterreich berief, holte sie der Rosenberger aus Wilhering bei Linz. Der böhmische Marschall Wok von Rosenberg, Gründer des Klosters, starb bereits 1362 an den Folgen einer Kriegsverletzung. Während dieser noch ein treuer Vasall von Otakar war, schwenkten seine Nachfolger sehr bald in das Lager der innerböhmischen Opposition über und unterstützten schließlich den 1273 neu gewählten König Rudolf von Habsburg. Den Tod fand Otokar in der Schlacht der beiden Kontrahenten bei Dürnkrut und Jedenspeigen am 26. August 1278.

Otakar war ein mächtiger Herrscher, zeitweise auch von den österreichischen Ständen und Städten geschätzt, sein Machtbereich umfasste nicht nur das Königreich Böhmen und die Markgrafschaft Mähren, sondern erreichte auch über die österreichischen Länder die Steiermark, Kärnten, Krain und Aquileja, Einfluss nahm er sogar auch auf das Bistum Salzburg.4

Wenn man versucht, sich diese Geschehnisse vorzustellen, und nähert man sich der westlich vom Ortszentrum gelegenen Klosteranlage, so vermeint man den Pulsschlag der Geschichte zu spüren. Hier fanden die mächtigen Rosenberger ihre letzte Ruhestätte und als der Letzte von ihnen, Peter Wok II., am 6. November 1611 in Wittingau starb, wurde er hier in Hohenfurth am 1. Februar 1612 beigesetzt und die Gruft „für immer“ geschlossen. Der zweitägige Trauerzug von Wittingau gab einen letzten Abglanz einer fünf Jahrhunderte währenden Herrschaft. Katholische, evangelische, utraquistische Priester, Mönche, Cantores, Ritter und Offiziere, alle in schwarze Mäntel gehüllt, mit Klagetüchern bedeckte Rosse und Reiter mit roter Fahne und Wappen begleiteten den von sechs Pferden gezogenen Wagen mit dem Sarg.5

Die Klosteranlage zeigt ein unterschiedliches Bild. Einerseits merkt man, dass hier der „Verein zur Förderung des Zisterzienserstiftes Hohenfurth“6 mit dem Sitz in Puchenau in Oberösterreich großartige Arbeit und Unterstützung geleistet hat, andererseits sind die Spuren des Verfalls und Verwüstung zwischen 1950 und 1989 noch nicht beseitigt. Fast unerschwinglich sind die Kosten der Sanierung. Wie auch weitgehend in der übrigen Tschechischen Republik hat der Orden zwar einen Teil der heruntergekommenen Baulichkeiten restituiert erhalten, nicht jedoch den Meierhof, die ehemalige Brauerei, die ehemalige Mühle und das Werkstättengebäude. Das Kloster hofft auf eine Rückgabe dieser Gebäude. Nicht zurückgegeben wurden auch die Wälder, aus denen das Kloster Beiträge für die erforderlichen Sanierungsarbeiten aufbringen könnte. Das Kloster, das für die Erhaltung und den Betrieb der Gebäude hohe Kosten hat, ist daher auf Spenden, auf die Einnahmen aus der Verpachtung des Klosterladens, der Räume für das „Café Convento“, die sich beide im Besucherzentrum befinden, sowie auf die Einnahmen aus der Verpachtung des ehemaligen Abteigebäudes an die staatliche Post, die in diesem Gebäude ein sehenswertes Postmuseum betreibt, angewiesen. Die eigene Quelle ermöglicht den Verkauf von Trinkwasser an die Stadt Vyšší Brod. Den gegenwärtig sieben im Kloster befindlichen Mönchen bietet die gegenwärtige finanzielle Situation nur eine sehr bescheidene Lebensweise.

Bei der Führung durch das Kloster beachte man vor allem die wunderschöne Bibliothek, in der Stiftskirche Maria Himmelfahrt die Grabdenkmäler und die frühgotische Choranlage und den, allerdings bei den üblichen Führungen nicht zugänglichen, Kapitelsaal. Details enthält der neue Klosterführer aus dem Jahr 2007. Durch nahezu sechshundert Jahre übte das Kloster bis 1848 die Herrschaftsrechte über mehr als 100 Dörfer aus, zu denen 1778 durch Kauf auch das Gut Umlowitz kam (siehe Ortsbeschreibung Umlowitz). Die Patronatsrechte über das Kloster hatten zunächst die Rosenberger, kurze Zeit Kaiser Matthias und Kaiser Ferdinand II, dann die Eggenberger und ab 1719 die Schwarzenberger. Das Kloster wurde von den Hussiten zwar belagert, aber nicht zerstört. Als Befehlshaber der königlichen Truppen leitete Ulrich von Rosenberg die Verteidigung des Klosters.

Im Jahre 1785 wurde auf Befehl Kaiser Josef II. die Zahl der Konventualen (Klosterbrüder mit Sitz und Stimme im Konvent) von 65 auf 18 herabgesetzt. Gleichzeitig wurde die Aufnahme von Novizen verboten. Nach einer längeren Blütezeit des Klosters sperrte das NS-Regime das Kloster im Jahr 1941. Nach der Neugründung 1945 wurde das Kloster unter dem Vorwand der Kollaboration mit den Nazis von den Kommunisten 1950 aufgelöst. Ein Teil der Hohenfurther Mönche fand sich im Stift Rein bei Graz ein. Dort legte man 1959 die beiden Konvente für die Zeitspanne, in der das Kloster Hohenfurth nicht wieder besiedelt werden konnte, zum Stift Rein-Hohenfurth zusammen. Im Jahr 1990 zogen wieder Mönche aus dem Zisterzienserorden unter schwierigsten Bedingungen in Hohenfurth ein.

Zahlreiche Brände haben den Ort und das Kloster heimgesucht, wertvolles Inventar ist verloren gegangen. Leider wurden auch zahlreiche wertvolle Kunstschätze nach Prag gebracht. Nur ein Teil davon, etwa das wertvolle „Zawischkreuz“ und die „Hohenfurther Madonna“, wurden dem Kloster zurückgegeben. Allerdings kann das Zawischkreuz wegen seines unschätzbar hohen Wertes derzeit nicht ausgestellt werden, während die Hohenfurther Madonna wenigstens in Form einer originalgetreuen Kopie in der Stiftskirche zu sehen ist.

„Die Einwohnerzahl des Dominiums ist 11.273, von welchen 10.812 auf die eigentliche Herrschaft Hohenfurt und 461 auf das Gut Umlowitz kommen.- Die herrschende Sprache ist im größten Theile des Dominiums die teutsche. Nur in einigen nördlich von Budweis zu gelegenen Dörfern findet man auch böhmische Einwohner“.7

Bevölkerungsentwicklung – Gerichtsbezirk Hohenfurth – Prozentanteil der deutschen Bewohner8
1880: 99,9 1890: 99,9 1900: 99,7 1921: 97,0 1930: 94,5
Stadt Hohenfurth :
1910 : 1610 Einwohner, davon 1599 Deutsche9
1930 : 2027 Einwohner, davon 1731 Deutsche
1991 : 1973 Einwohner10

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