Krummau

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Krummau

Krummau – / Krumau a.d. Moldau / Chrumbenowe / Crumlow / Krumbenowe / Krummenowe / Krumpnau / Böhm. Krumau, Ces. Krumlov

Die verschiedenen Schreibweisen des Namens geben Zeugnis von der wechselhaften Geschichte dieser Stadt: In einer Urkunde aus 1220 wird ein „Witigo von Pritz“ erwähnt, das Siegel trägt die Umschrift „+ WITKO : DE : PLANKINBERC“,im Wappen ist eine Rose zu erkennen“ 1. Die Plankenberger (auch Blankenberger) hatten Besitzungen in den Gemeinden Feldkirchen und Neufelden in Oberösterreich.2 Vom 1. April 1253 stammt ein Vergleich zwischen Ottokar, Herzog von Österreich und Steiermark, Markgraf von Böhmen und dem Bischof von Passau bezüglich der Passauer Lehen in Österreich. Unter den Zeugen: „Witigo de Chrumbenowe“.3 Um diese Zeit tritt also Krummau in die durch Urkunden belegte Geschichte ein. Nach dem Aussterben der Krummauer Linie der Witigonen kam die Stadt für dreihundert Jahre zur Rosenberger Linie dieses Geschlechtes (1302 – 1602). Peter Wok, hoch verschuldet, verkaufte die Herrschaft an das Kaiserhaus. Im Jahre 1622 schenkte sie Kaiser Ferdinand II. dem Freiherrn Johann Ulrich von Eggenberg „für seine treuen Dienste“, dem er im darauf folgenden Jahr die Fürstenwürde verlieh. Das Adelsgeschlecht stammte aus der Untersteiermark und hatte Besitzungen bis zur Adria, was auch in ihrem Wappen zum Ausdruck kam. An der Hauptfront des Rathauses ist es, neben den Wappen Böhmens, der Stadt und der Schwarzenberger zu sehen.

eggenbergerDas Wappen zeigt auf dem mehrfach geteilten Schild folgende Felder: Mittelfeld 3 Raben, die einer Krone zufliegen; links oben in Silber 5 rote Rosen = Herrschaft Krumau; oben in der Mitte auf Gold und blau gefärbtem Feld ein silbernes Ankerkreuz auf silbernen Halbmond = Herrschaft Gradiska (Stadt in der Nähe von Görz); oben rechts in rot ein silberner Adler = Aquileja an der nördlichen Adria; rechts unten in rot ein achtspeichiges goldenes Rad = Radkersburg (Radgona); unten Mitte auf blauem Fels ein goldener Anker = Herrschaft Pettau (Ptuj); links auf blau-rot gespaltenem Feld ein silberner Adler = Herrschaft Adelsberg (Postojna)4.

Im Erbweg kam Krumau 1719 an die Schwarzenberger, die aus Mainfranken stammten.5 Unter ihrer Herrschaft wurde Krumau zum Herzogtum erhoben. Ihre Besitztümer kommen ebenfalls in ihrem Familienwappen zu Ausdruck.

schwarzenbergerDas Schild ist in vier Felder geteilt: Links oben 7 silberne und blaue senkrechte Streifen = ursprüngliches Familienwappen aus der Zeit, als die Schwarzenberger noch ihren Sitz in Seinsheim (Mainfranken) hatten; in Silber 3 rote Spitzen = Herrschaft Sulz; unten rechts in Gold ein Türkenkopf, dem ein Rabe das Auge auskratzt = Erinnerung an die Eroberung der türkischen Festung Rab durch Adolf von Schwarzenberg 1598; unten links in Silber eine schräg liegende Brandfackel = Herrschaft Brandeis; auf dem Schild in der Mitte links in rot auf schwarzem Berg ein silberner Zinnenturm, rechts 3 Korngarben = Herrschaft Kleggau. Die rot-silberne Decke ist von einem Fürstenhut gekrönt.6

Im Jahre 1938 wurden die Schwarzenberger enteignet, ihr Besitz wurde Eigentum des Deutschen Reiches, 1945 übernahm der tschechoslowakische Staat Schloss und Grundbesitz. Jede Herrschaft hinterließ ihre Spuren. Sie hier zu beschreiben würde den Rahmen dieser Einschaltung übersteigen und bliebe dennoch nur ein Torso. So seien nur einige Hinweise gegeben: Die Schlossanlage ist neben der Prager Burg die größte in Böhmen. Die Höfe, der Turm, der Zwinger, das Barocktheater, der Hofgarten mit der Bellaria bezaubern jeden Besucher. Hoch über der Moldau liegt die gotische St. Veitskirche, von wo aus auch ein schöner Weitblick auf den Kreuzberg und auf das obere Moldautal, Richtung Papierfabrik „Pötschmühle“ (Ortschaft Wettern), möglich ist. Wenige Schritte unterhalb der Kirche ladet das ausgezeichnet geführte Regionalmuseum (ehemals kk. Gymnasium) den interessierten Besucher zu einem Rundgang ein. Stadtrundgang: Wer die Stadt in ihrer mittelalterlichen Schönheit und Romantik erleben will, muss sich ihr in Ruhe und Stille zu nähern versuchen. In früher Morgenstunde, bevor die unzähligen Touristen sich durch die Gassen drängen, bei Nebel oder Dämmerung, wenn sie mit Schnee bedeckt ist, dann öffnet sich die „Seele“ dieser Stadt. Ältere Besucher, die sie von „früher“ kennen, werden wohl nur mit Schwermut einst vertraute Wege gehen. Vom Ringplatz /námsti Svornosti mit dem Rathaus /Radnice, dem Goldenkroner Haus /Zlatokorunský dum und vielen anderen sehenswerten Gebäuden bietet sich jede Himmelsrichtung für eine Entdeckungsreise an. Geht man die Rathausgasse /Radnini in Richtung Baderbrücke /Lazebnický most hinunter, bietet sich ein Abstecher in die Fleischgasse /Masná an, wo Egon Schiele zeitweise im Haus Nr. 133 wohnte. Weiter in Richtung Schloss sollte rechter Hand auch dem Minoritenkloster ein Besuch abgestattet werden Wandert man in die entgegengestzte Richtung, überquert man die Moldau, so erreicht man die Linzer Straße /Linecká, an der linker Hand die Volksschule steht, ganz im Stile der Franz Josefs Gedächtnisschulen erbaut. Rechter Hand mündet die Fischergasse / Rybaská ein, in der einige Häuser nach 1945 abgerissen wurden. Geht man bis zum Haus Nr. 37, einst war es das Haus der Fleischhauerfamilie Ludwig Erhard, findet man an der Fassade in alter deutscher Schreibweise die Inschrift:

WER WAS WEIS DER SCHWEIG
WEM WOL IST DER BLEIB
WER WAS HAT DER BEHALT
DEN UNGLÜCK KOMT BALD
GLAUB NIT ALLES WAS DU HÖRST
THU NIT ALLES WAS DU KANNST
SAG NIT ALLES WAS DU WEIST
BRAUCH NIT ALLES WAS DU HAST
BEGEHR NIT ALLES WAS DU SICHST
BLEIBST DU WOL… IN DER… (unleserlich)

Wandert man die Linzer Straße weiter, so erreicht man das ehemalige Fotoatelier Seidel (Nr. 272), in dem jetzt mit großem Aufwand ein Fotomuseum eingerichtet wird. Gleich danach breitet sich der Stadtpark aus, der einst der Friedhof der Stadt war. Vom Jahndenkmal blieb nur der Stein. Überquert man noch einmal die Moldau, sieht man am gegenüber liegenden Ufer ein kleines Häuschen, einst Gartenhaus der Familie Tschunko, das Schiele als Atelier benutzte. Den Rundgang kann man über die Flößbergstiege / Plešivck? schody beenden. Bevor man die Stiege bergab geht sollte man das Steinmetzmarterl beachten. Folgende Inschrift lässt sich entziffern. „I HANS STEFAN BURGER UND STANMETZ IN CRUMAV HAB DIE MARTER ZU DER EHRE GOTTES IME UND DEN SEINEN EWIGEN GEDAHTNIS MAHEN LASEN 1648. Das Marterl steht am Ende des kleinen Platzes am Oberen Flößberg bei der ehemaligen Landwirtschaft Erhard auf dem Weg, der über die Floriani Kapelle und den Eichberg nach Gojau führt. Damit hat man aber nur einen Teil der Sehenswürdigkeiten erlebt. So sollten die Stadtwanderungen fortgesetzt werden7, wenn nicht die historische Pflasterung mit „Katzenköpfen“ schon fußmarod gemacht hat. Westlich vom Ringplatz gelangt man in die Breite Gasse / Široká, die einst ein reges Markttreiben belebte. Heute findet man im ehemaligen Brauhaus das Egon Schiele Zentrum mit interessanten Ausstellungen. Wendet man sich vom Ringplatz nach Osten in Richtung Obere Gasse /Horní so kann der Weg, vorbei an der Veitskirche und und am schon erwähnten Museum, bis zum Friedhof fortgesetzt werden. Auch wenn viele alte Gräber verschwunden sind, findet man die Grabdenkmäler zahlreicher alter honoriger Bürger, Professoren des Gymnasiums, Bürgermeister, das Familiengrab Seidel, aber auch das von Schmall-Lang, der die Kirche in Glöckelberg erbaut hat. Der Katechet Josef Schwarzmeier hat in einem kleinen Büchlein die Kirchengeschichte von Krumau mit vielen Einzelheiten niedergeschrieben. Er berichtet auch von den Problemen zwischen Katholiken und Protestanten, vom Ringen und Streit, bei den Messen in der St.Veitskirche oder in der Jodokuskirche die deutsche oder die tschechische Sprache zu verwenden und vom Wirken der Jesuiten.8 In der „statistisch – topographischen“ Darstellung des Königreiches Böhmen, Budweiser Kreis, Prag 1841, 9. Band, wird unter „Krumau“ vermerkt: „… die Stadt samt Vorstädten und zugeteilten Einschichten zählt demnach 731 H. (Häuser), 5165 E. (Einwohner), welche sämtliche deutsch sprechen“. Grabsteine an der Prälatur und an der Veitskirche aus dem 16. Jahrhundert sind in deutscher und tschechischer Sprache abgefasst und bezeugen ein gemeinsames Erbe: Anteil der deutschen Bevölkerung im Gerichtsbezirk, der teilweise auch tschechisches Sprachgebiet umfasste:

1880: 52,8
1890: 54,1
1900: 59,2
1910: 56,4
1921: 52,1
1930: 56,1 9

Bei der Volkszählung 1930 hatte Krummau 8692 Einwohner, davon waren 2012 Tschechen. 1945 wurde die deutsche Bevölkerung vertrieben. Sie fanden Heimat in Deutschland und in Österreich. Die konfiszierten Häuser kamen in den Besitz von tschechischen und slowakischen Zuwanderern.

O. Hanke

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1 Dr. Valentin Schmidt, Alois Picha „Urkundenbuch der Stadt Krummau in Böhmen“.I. Band, Selbstverlag des Vereines für Geschichte der Deutschen in Böhmen, Prag 1908, S.1.
2 Peter Adam, u.a. Dehio Handbuch „Oberösterreich, Mühlviertel“ Verlag Berger-Horn/Wien, 2003, S.118, 479.
3 Dr.Valentin Schmidt, aaO. S.1.
4 Franz Wischin, Othmar Hanke, “ Alt-Krummauer Bilderbuchuch“, 1997, unveröffentlicht.
5 Ausführlich dazu : Rupert Essl, Hrsg. „Der Kreis Krummau an der Moldau“, Selbstverlag des Heimatkreises Krummau a. M., 1983, S..96 und weitere Beiträge, wie etwa Anton Mörath „Zur ältesten Geschichte der Stadt Krummau“, S.405..
6 Wischin, Hanke, aaO.
7 Ausführlich ebenso : Deutscher Böhmerwaldbund e.V. Bundesverband, Heimatkreis Krummau a.M. Hrsg. „Die Stadt Krummau an der Moldau im Böhmerwald“ Verlag „Hoam“ Waldkirchen, 1992.
8 Josef Schwarzmeier, Im Ringe des Krummauer Schloßberges“, Sonderdruck des „Landbote“, Druck und Verlag Ed. Bayands Nachf., Krummau,1929, S. 136.
9 Alfred Bohmann, „Menschen und Grenzen, Bd.4: Bevölkerung und Nationalitäten in der Tschechoslowakei“, 1975, Verlag Wissenschaft und Politik, Köln, S. 116.